Dienstag, 13. Mai 2014

Südindien

Hampi

 

  Der Lärm, der Dreck, das Chaos und die unmittelbare Konfrontation mit bitterer Armut, die in Indien vor allem in den Städten allgegenwärtig sind, kosten Kraft und stoßen mich selbst nach einem halben Jahr in Hyderabad immer noch und immer wieder vor den Kopf.
Bei der Ankunft in Mumbai ist das erste, das man sieht, der Slum, der das Flughafengelände umgiebt. Einladend für Urlauber ist das natürlich nicht.
Sich deshalb davon abschrecken zu lassen, nach Indien zu kommen, wäre jedoch schade. Denn auch wenn man die Augen vor den Schattenseiten nicht verschließen kann und darf, dürfte man in kaum einem Land so wunderschön, vielfältig und spannend reisen können. 
Hochmoderne Stadtviertel in Megastädten, Bilderbuchbasare, kleine Dörfer, traumhafte Strände, wunderschöne Berge mit idyllischen Teeplantagen, unberührte Wälder und Natur, Wüste, beeindruckende Felsenlandschaften, historische, kulturelle und architektonische Schätze en masse – in Indien gibt es nichts, das es nicht gibt.
Das kann ich bereits sagen, obwohl ich noch nicht nördlicher als bis Nagpur gekommen bin, die Stadt, die die geographische Mitte Indiens kennzeichnet.

Mit zwei anderen Freiwilligen habe ich meine Reise in Hampi in Karnataka begonnen, über Tamil Nadu ging es nach Kerala und zu guter Letzt bin ich auf den Andamanen gelandet. Ich könnte nicht sagen, wo es mir am besten gefallen hat.
Ein ebenso tolles Erlebnis wie das Erkunden der unterschiedlichsten Orte war für mich aber oft auch das Reisen selbst.

Die gut ausgebaute Infrastruktur macht es sehr einfach, von A nach B zu kommen. Zwar dauern die Zugfahrten oft dreimal so lang, wie man für die gleiche Strecke in Deutschland einplanen würde, dafür macht das Reisen aber auch ungleich mehr Spaß: Am liebsten über Nacht im Sleeperabteil, bei offenen Fenstern und Türen, mit einem Fahrtwind, der die Klimaanlagen überflüssig macht.
So lange es noch hell ist, kann man die Zeit wunderbar damit verbringen, zu lesen, die vorbeiziehende Landschaft zu bewundern oder das brennenden Interesse seiner Sitznachbarn an Erzählungen über Deutschland zu befriedigen.
In Bauchläden werden Snacks und allerhand Ramsch feilgeboten und die Teeverkäufer ersetzen morgens den Wecker. Jeder Verkäufer hat seinen eigenen Sing-Sang, und der Chor aus „Chaaaaaiiii! Chaaaaaiiii!“ - Rufen ist für mich die Melodie des Zugfahrens geworden.

Man hört es meiner Beschreibung vielleicht an: Ich liebe Zugfahren. Das geht durchaus nicht jedem so und natürlich kann die Enge, der Trubel und manche Aufdringlichkeit den Aufenthalt im meist überfüllten Schlafwagen schnell auch anstrengend machen. Dennoch würde ich eine Zugfahrt immer den etwas teureren und komfortableren Fernbussen vorziehen.

Hampi


Hampi

Vattakanal

Vattakanal

Bei Munnar

Alappuzha

Alappuzha

Alappuzha




























































































































































































  Wir sind nicht zur Hauptsaison gereist. Das hat uns zwar ein paar Regenstunden in Kerala und allgemein hohe Temperaturen beschert, dafür hat unsere Reise wahrhaftig das Attribut Low-Budget verdient. Leckeres Essen und akzeptable Unterkünfte direkt am Strand bekommt man für umgerechnet ein paar Euro. Das zieht viele Backpacker an, die mit wenig Geld reisen. So ist zum Beispiel eine der Uferseiten Hampis, einem Ort berühmt für seine Tempelruinen, völlig in den Händen junger Rucksackreisender. Es variiert jedoch sehr stark, ob man in einer Gegend mehr Backpacker oder Pauschaltouristen findet, indische oder internationale Urlauber. Alleine ist man in Indien sowieso nie.

Die Ausnahme waren hier die Andamanen, wo wir oft den ganzen Strand für uns alleine hatten.
Seit ich das erste Mal von den Inseln gehört hatte, war ich eingenommen von der Idee, meinem Aufenhalt in Rest-Indien einen Besuch auf diesen Inseln entgegenzusetzen, die nicht nur geographisch gesehen eigentlich kaum mehr zu Indien gezählt werden können, sondern auch durch ihre Ruhe und Unerschlossenheit hervorstechen. Nicht alle Teile der Inselgruppe sind uneingeschränkt für Besucher zugänglich, die Nikobaren etwa, auf denen die indigene Bevölkerung deshalb noch weitgehend ungestört leben kann, dürfen von Touristen überhaupt nicht betreten werden. Die anderen Inseln haben aber ohnehin genug an paradiesischer Schönheit zu bieten. Ein Plastiktütenverbot und vielleicht auch eine gewisse Ehrfurcht vor den weißen, von Palmenwäldern und Mangroven gerahmten Stränden, haben es bislang noch geschafft, die Verselbstständigung der Mülldeponien, die man sonst überall in Indien findet, zu verhindern. Der Geruch von brennenden Müllbergen und die Selbstverständlichkeit, mit der jeglicher Abfall in Ermangelung von Mülleimern und Umweltbewusstsein einfach fallen gelassen wird, nehmen Straßen, Strände und Natur sonst leider fast überall in Indien ein.

Nun bin ich schon seit einer Weile wieder zurück und die Umstellung von wunderschönen Landschaften zum mittelmäßig attraktiven aber überdurchschnittlich schmutzigen Stadtbild Hyderabads und von der Freiheit beim Reisen zum normalen Arbeitsalltag ist mir nicht ganz leicht gefallen. 

Ich wäre gerne noch ewig weitergereist - ich habe ja auch bei Weitem nicht alles gesehen.
Vor allem der komplette Norden fehlt mir noch zu einem umfassenderen Überblick von Indien. Denn wenn ich daran denke, wie schnell sich die Kultur, die Landschaften und Religionen mit der zurückgelegten Kilometerzahl selbst innerhalb der südlichen Staaten verändert, dann merke ich, wie wenig ich doch eigentlich immer noch von diesem riesigen Land kenne.
In der knappen Zeit und den noch knapperen Urlaubstagen, die mir noch bleiben, werde ich das auch sicher nicht mehr ändern können.

Dafür weiß ich aber, dass ich unbedingt in ein, zwei Jahren wieder nach Indien kommen will, um all die Orte zu sehen, die ich bisher nur aus schwärmerischen Erzählungen anderer Reisender kenne.

Andamanen

Andamanen

Andamanen
Andamanen

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