Wir schreiben eine Reizwortgeschichte!
Thema „Ein Mädchen des Chaithanya
Happy Home und sein Hintergrund“
Verwende folgende Begriffe: Armut,
abhängig, Gewalt, zwingen, ausweglos.
Der Schauplatz sei die Straße, der
Antagonist ein Mann.
Oben genannte Wörter sind die
traurigen Konstanten in den Geschichten nahezu aller Mädchen. Es
sind meist die gleichen Schicksalsschläge und Lebensbedingungen, die
ihre Mütter in die Prostitution trieben. Die Geschichte von der
achtjährigen Suma und ihrer Mutter Sita könnte zum Beispiel so
klingen:
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Mitten in Indien. Ein kleines,
beschauliches Dorf. Eine junge, hübsche Frau steht vor einer Hütte
und wäscht ihren Sari. Sie lächelt und guckt verträumt. Sita denkt
an den Mann, den sie liebt.
Morgen soll ihre Hochzeit sein, ein
großes Fest für die bescheidenen Verhältnisse, in denen sie lebt.
Der Mann, mit dem sie den Bund fürs Leben schließen wird, ist
jedoch ein anderer, viele Jahre älter als sie selbst. Ihre Eltern
haben ihn für sie ausgesucht, sie selbst hat ihn erst zweimal
gesehen. Ein Schatten huscht über ihr Gesicht und die verliebten
Augen werden ernst. Wie viel lieber würde sie den anderen heiraten!
Doch ihren Gefühlen zu folgen, hieße, mit der Familie zu brechen.
So geht sie am nächsten Tag nach der
Hochzeit mit einem Fremden nach Hause, dem sie von nun an eine
liebende Gattin sein soll.
Wie sich das gehört dauert es auch
nicht lange, bis Sita schwanger wird.
10 Monate später. Sita steht am Herd
und kocht, gleich wird ihr Mann nach Hause kommen, hungrig und
ungeduldig, bis dahin muss alles fertig sein. Im Hintergrund schreit
das Baby. Es ist ein Junge, den Göttern sei Dank! Aber es ist mehr
als der Alltag einer Hausfrau und Mutter, der auf Sita lastet und
ihre Augenringe in die Tiefe zieht. Sie lebt in der ständigen Angst,
dass ihr Geheimnis auffliegen könnte, denn die Beziehung zu dem
jungen Mann, den sie liebt, hat nie aufgehört. Nicht auszudenken,
was passieren würde, wenn die Affäre ans Licht kommt!
Eines Tages kann Sita ihre unglückliche
Situation nicht mehr ertragen. Sie brennt mit ihrem Geliebten durch
und lässt alles hinter sich: Den Mann, den sie nie liebte, die
Eltern, die sie nie verstehen werden, das Dorf, in dem sie ihr ganzes
bisheriges Leben verbracht hat – und ihren Sohn.
Doch die große Stadt, in der sie nun
lebt, wird schnell zur Hölle für Sita. Der Mann, von dem sie
dachte, er würde sie glücklich machen, zwingt sie, sich zu
prostituieren und verkauft sie schließlich an ein Bordell. Dort lebt
Sita wie eine Gefangene, eine von vielen Sexsklavinnen.
Sie wird misshandelt und missbraucht –
und kurz darauf schwanger. Rücksicht wird darauf nicht genommen, die
Qualen gehen weiter. Mit der Hilfe einer der anderen Prostituierten
gelingt Sita die Flucht – gerade rechtzeitig, um ein Krankenhaus zu
finden. Es ist ein Wunder, dass das Kind gesund auf die Welt kommt –
wenn auch viel zu früh. Suma ist eine Frühgeburt.
Aus Angst vor dem mächtigen Netzwerk
der Zuhälter hält Sita sich mit ihrer neugeborenen Tochter lange
Zeit versteckt. Dann trifft sie einen neuen Mann. Die Gewalt nimmt
jedoch kein Ende, viele Schläge später verlässt sie ihn. So gerät
sie immer wieder an neue Männer, mit denen sie eine Zeit lang
zusammenlebt. Alle sind sie gewalttätig und leben von dem Geld, das
Sita anschafft. Denn Sita arbeitet wieder als Prostituierte – eine
andere Möglichkeit, ihr Überleben zu sichern, hat sie nicht.
Soweit also eine der typischen
Lebensgeschichten, die wir den Unterlagen der Mädchen entnehmen
können. Diese hier hat jedoch eine Besonderheit, nämlich so etwas
wie ein Happy End:
Eines Tages trifft Sita beim Arbeiten
auf der Straße eine ehemalige Prostituierte, die die Sexarbeit mit
Hilfe von CMM hinter sich lassen konnte und nun selbst für die
Organisation arbeitet. So kommt sie in Kontakt mit Chaithanya Mahila
Mandali. Mit der Unterstützung der CMM-Leute kann sie das Leben als
Prostituierte hinter sich lassen und ebenfalls als „Outreach-Worker“
für jene Frauen da sein, die noch in den Händen der Sexindustrie
sind.
Weil sie jedoch noch immer in einem
Milieu lebt, das von Gewalt, Armut und Kriminalität geprägt ist,
gibt sie ihre Tochter Suma in die Obhut von CMM. Mit der Organisation
im Rücken kann sie außerdem endlich ihren Sohn, den sie im Dorf
zurücklassen musste, zu sich nach Hyderabad holen. Dort ist er nun
sicher untergebracht in einem Waisenhaus für Jungen.
Suma lebt nun seit zwei Jahren im
Chaithanya Happy Home und ist eines der wenigen Mädchen, das seine
Mutter noch hin und wieder zu Gesicht bekommt. Trotzdem oder gerade
deshalb weint sie abends oft. Mit ihren acht Jahren wiegt für sie
die Trennung von ihrer Mutter noch schwerer als eine kindgerechte
Umgebung, eine gute Schulbildung und eine sichere Zukunft.
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